Wer heute vor dem Vringstreff steht, erkennt an der Fassade nichts mehr, was an das einstige Schokoladenimperium Stollwerck erinnert. Die großen Glastüren jedoch geben den Blick auf ein hinterleuchtetes Relief frei. Ein Relikt aus der Zeit, als sich hier die Empfangshalle der Stollwerck-Zentrale befand. Um die Ecke, in der Severinsmühlengasse, ist der erhaltene Teil des Verwaltungsgebäudes der ehemaligen Stollwerck-Fabrik zu sehen, der unter Denkmalschutz stehende Teil des sogenannten „Kamelledom“, des neugotischen Gebäudes vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Vom Kamelledom zur Begegnungsstätte
Wer in den Vringstreff tritt, erkennt noch mehr Historisches: Die weißen Säulen und ein Teil der Holzvertäfelung stammen aus der Zeit, als noch der süße Duft der Schokoladenproduktion durchs Vringsveedel zog – und zwischen 1872 und 1975 viele Menschen in der nahegelegenen Fabrik arbeiten. An sie erinnern Brunnen und Skulptur des „Schokoladenmädchens“ auf dem Severinskirchplatz.
Das Relief und die Pralinen
Kommen wir zurück in den Vringstreff zum Relief.
Wer näher herangeht, kann Formen zum Gießen der Schokolade für Pralinen erkennen. Die Formen für Bohnen, kleine Fläschchen oder eher eckige Pralinen (bei denen man an eingelegte Kirschen aus Italien denkt…), verbinden sich mit Glasflächen in Blau, Weiß und Rot zu einem Blickfang für jeden Besucher.
Es ist die einzige Verbindung, die der Vringstreff zu Alkohol hat. Denn im Vringstreff wird ohne Alkohol gekocht, es wird auch keiner ausgeschenkt. Manche Besucher*innen des Vringstreffs haben es so leichter, ihr Leben im Griff zu behalten (oder in den Griff zu bekommen).
Nicht nur für Pralinen: Stollwerck ließ sich am 29.04.1888 einen Verkaufsautomaten patentieren
Das Patent eröffnete einen völlig neuen Geschäftszweig, den Vertrieb von Schokolade und anderen Dingen über Automaten. Mit weltweit durchschlagendem Erfolg: Allein an Bahnhöfen in New York stehen in den 1890er Jahren Tausende Stollwerck-Automaten (Quelle: https://www.ksta.de/938258).
Ein Beitrag der WDR-Reihe „Stichtag“ widmete sich dem Patent und beschrieb, dass um die Jahrhundertwende Stollwerck-Automaten auch warmes Essen lieferten… Da sind die aktuellen Besucher des einstigen Kamelle-Dom sicher mehr als froh, dass heute im Vringstreff immer frisch gekocht wird.
Mehr über Stollwerck, die Automaten und den Kamelle-Dom
- Sascha Widdig hat mit „Stollwerck: Schokolade aus Köln“ einen Bildband mit 226 Fotos veröffentlicht, auch vom Kamelle-Dom: Sutton-Verlag, Erfurt 2013, ISBN 978-3-9540028-3-2.
- In der Kölnischen Rundschau blickte Martin Dommer 2013 zurück auf das Patent des Stollwerck-Verkaufsautomaten und seinen Siegeszug.
- Wer nach Heidelberg fährt und sich für Verpackungen interessiert, dem sei ein Abstecher ins Verpackungsmuseum empfohlen. Hier ein kleiner Rückblick auf die Sonderausstellung 2016 zu Stollwercks schönsten Schokoschachteln: https://www.verpackungsmuseum.de/ausstellung-veranstaltung/sonderausstellungen/stollwercks-schoenste-schoko-schachteln/
PS: Das Bild zu diesem Blog-Post zeigt eines der „Schokoladenmädchen“. Hier nochmal größer dargestellt: